Palliative Care

Ein Schwerpunkt-Thema vertieft und aktualisiert

Unser Positionspapier

Der Aargauische Seniorenverband (ASV) setzt sich für ein würdevolles Leben und Sterben ein. Jede vierte Person erhält in ihrem Leben die Diagnose unheilbar krank zu sein. Diese Personen und zudem alle im Sterbeprozess liegenden Personen sollen unabhängig von ihrem Alter und ihrer Krankheit Palliative Care nutzen können. Der ASV fordert ein strukturell einheitliches und koordiniertes Angebot auf hohem fachlichem Niveau in allen Regionen, wie dies im kantonalen Konzept Palliative Care 2022 des Kanton Aargau[1] gefordert wird. Die Angebote im Bereich Palliative Care sind von Versicherern und der öffentlichen Hand sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich zu finanzieren. Der ASV ist überzeugt, dass mit der Verbesserung der palliativen Versorgung die Kosten der Gesundheitsversorgung gedämpft werden können.

[1] s. auf dieser Seite unter ‘Kantonales Konzept’.

Juni 2023

Palliative Care respektiert die Würde und Autonomie von Menschen mit unheilbaren oder chronisch fortschreitenden Krankheiten. Ein multiprofessionales Team geht auf die Betreuungswünsche und Prioritäten des Patienten und seiner Angehörigen ein mit dem Ziel, den Patienten eine möglichst gute Lebensqualität – also Wohlbefinden – zu ermöglichen und so Leiden zu lindern.
 

Palliative Care beginnt bereits bei der Diagnosestellung, wird aber erst zum Schwerpunkt, wenn das Kurieren der Krankheit und lebensverlängernde Massnahmen nicht mehr an erster Stelle stehen.

Die WHO definiert Palliative Care als eine Haltung und Behandlung, welche die Lebensqualität von Patienten und ihren Angehörigen verbessern soll, wenn eine lebensbedrohliche Krankheit vorliegt.

Sie erreicht dies, indem sie Schmerzen und andere physische, psychosoziale und spirituelle Probleme frühzeitig und aktiv sucht, immer wieder erfasst und angemessen behandelt.

Palliative Care:

  • lindert Schmerzen und andere belastende Beschwerden
  • unterstützt die Patienten darin, so lange wie möglich aktiv zu bleiben
  • integriert psychische und spirituelle Aspekte,
  • bejaht das Leben und erachtet das Sterben als normalen Prozess
  • will den Tod weder beschleunigen noch verzögern
  • unterstützt Angehörige, die Krankheit der Patienten und die eigene Trauer zu verarbeiten
  • kann frühzeitig in der Erkrankung angewendet werden in Kombination mit
    lebenserleichternden Massnahmen, wie beispielsweise Chemo- und Radiotherapie.
  • beinhaltet auch die notwendige Forschung, um Beschwerden oder klinische Komplikationen besser verstehen und behandeln zu können

Die Schulmedizin stellt das Heilen der Krankheit ins Zentrum der Aktivitäten. Auch in weniger aussichtsvollen Fällen wird schulmedizinisches Können bis zuletzt ausgereizt, um die tödliche Krankheit zurückzudrängen.

In der Palliative Care steht der ganze Mensch – nicht nur seine Krankheit – im Mittelpunkt. Es geht nicht mehr um den Kampf gegen die Krankheit, sondern um das bestmögliche Leben mit der Krankheit! Eine Frühintegration von Palliative Care führt vielfach zu einer deutlich besseren Prognose und Behandlung. Durch eine verständliche und wiederholte, stufenweise Aufklärung sind die Betroffenen in der Lage, realistische Erwartungen zu entwickeln. Diese eigenständige Willensbildung ist eine Grundvoraussetzung, um Möglichkeiten und Grenzen der kurativen wie der palliativen Behandlung zu erkennen und Einfluss zu nehmen auf die eigene Lebensqualität bis zum letzten Lebensabschnitt. Die Pflege und Betreuung durch Angehörige ist psychisch und physisch äusserst belastend. Sie müssen unterstützt, informiert und in Entscheidungen miteinbezogen werden.

Es empfiehlt sich, mit einer Patientenverfügung eigene Wünsche und individuelle Bedürfnisse festzuhalten.

Der Kanton Aargau benötigt mehr ambulante und stationäre Angebote für Palliative Care. Die Angebote für Zuhause, in Pflegeheimen, in Akutspitälern inklusive Rehabilitation sind heute unzureichend aufeinander abgestimmt, von extrem unterschiedlicher Qualität, ungleich und unzureichend finanziert. Die Ausbildungen sowie der Personalschlüssel des Fachpersonals sind zu uneinheitlich und die Personalschlüssel zu tief angesetzt.

Der ASV hat folgende Erwartungen an die Umsetzung der kantonalen Neukonzeption Palliative Care (PC):

  • PC wird in allen Regionen des Kantons nach einem einheitlichen Konzept ambulant und stationär angeboten, ausgebaut und finanziert.
  • Die Leistungsverträge zwischen Gemeinden und den Anbietern von PC sowie die Normkosten für den stationären Langzeitbereich gilt es neu auszuhandeln bzw. anzupassen und auf das kantonale Konzept PC abzustimmen.
  • Eine einheitliche Finanzierung seitens der öffentlichen Hand und den Versicherern ohne Schlechterstellung gegenüber der kurativen Behandlung ist zwingend.
  • Die Koordination und Zusammenarbeit unter den verschiedenen Leistungserbringern sind vom Kanton und den Gemeinden zu fördern und zu unterstützen.
  • Die Aufklärung und Information der Bevölkerung muss verstärkt werden und hat flächendeckend zu erfolgen.
  • Der Aus- und Weiterbildung des notwendigen Fachpersonals ist grosses Gewicht beizumessen.
  • Für alle Anbieter von PC sind Voraussetzungen zu schaffen, um ausreichend und spezifisch ausgebildetes Personal anstellen zu können.
  • Die Würde und die Rechte der Betroffenen sind jederzeit und umfassend zu respektieren.

Kantonales Konzept

Das Konzept Palliative Care 2022 der Abteilung Gesundheit des Departements Gesundheit und Soziales, an welchem auch der ASV mitgewirkt hat, liegt vor.

Im Vorwort zum Konzept 2022 formuliert Gesundheits­direktor Jean-Pierre Gallati als Ziel:

“Alle Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Aargau in palliativen Lebens­situationen, ihre Angehörigen sowie nahe­stehende Bezugs­personen haben einen nieder­schwelligen Zugang zu flächen­deckenden, bedarfs­gerechten und qualitativ hochstehenden Angeboten der Palliative Care.”

Wir stellen gerne fest, dass die Forderungen aus unserem Positions­papier zu einem grossen Teil im Konzept aufgenommen worden sind. Der Kanton Aargau darf damit bezüglich Palliative Care als sehr fortschrittlich bezeichnet werden. Wir sind gespannt, wie das Konzept konkret umgesetzt und finanziert wird.