Einsamkeit mindert Lebensqualität

Ein Schwerpunkt-Thema vertieft.

Unser Positionspapier

Viele von uns schätzen es, sich zurück­zuziehen und allein zu sein. Wir nutzen diese Zeitfenster, um Abstand zu gewinnen vom Alltagsstress und von Verpflichtungen, einfach einmal unsere Ruhe zu haben und uns zu erholen. Eine andere Dimension hat die negative Gefühle verursachende unfreiwillige Einsamkeit. Sie trifft alle Alters­gruppen. Rund jede vierte Person in der Schweiz fühlt sich heute wiederholt «sehr oft» oder «eher oft» einsam. Der ASV setzt sich dafür ein, dass diese Menschen ihren Wünschen gemäss begleitet und betreut werden, damit sie eine gute Lebensqualität erhalten können.

 Dezember 2022

Die Gründe für weniger soziale Kontakte im Alter sind vielfältig: Vermindertes Seh-und Hörvermögen, eingeschränkte Mobilität, eiskaltes oder zu heisses Wetter, Partner und Freunde, die erkranken oder versterben, Angehörige, die wenig Zeit haben oder weit weg wohnen. Gegen viele dieser Heraus­forderungen lässt sich etwas unternehmen, damit sie nicht schleichend in die soziale Isolation führen oder das subjektive und negative Erleben von Einsamkeit verstärken. Einsamkeit löst einen Dauerstress aus und stellt ein zusätzliches Risiko für die Gesundheit und die Lebensqualität dar. Isolierte und einsame Personen bewegen sich weniger, leiden häufiger unter Bluthochdruck und psychischen Störungen, erkranken eher an Demenz oder Alzheimer. Sie haben ein erhöhtes Risiko für vorzeitige Sterblichkeit. Ein individuelles Mass an sozialer Eingebundenheit kann der Einsamkeit entgegenwirken.
Über 160’000 Menschen im Pensionsalter leiden in der Schweiz an chronischer Einsamkeit. Mit steigendem Alter erleben viele, dass sie sozial immer weniger dazu gehören, nicht mehr gebraucht werden. Sie fühlen sich familiär, in der Nachbarschaft und in der Gesellschaft isoliert. Dabei ist nicht die Quantität, sondern die Qualität der Beziehungen ausschlagegebend. Von wem fühle ich mich getragen, verstanden und verbunden? Wem vertraue ich mich an, wen getraue ich anzusprechen in persönlichen Anliegen oder immer wieder um Unterstützung anzufragen? Betroffenen fällt es oft schwer, sich selbst einzugestehen, dass sie Merkmale von Einsamkeit aufweisen und noch schwerer fällt ihnen, über ihre Sehnsüchte zu sprechen. Einsamkeit ist immer noch ein Tabuthema auch bei Angehörigen und unter Fachleuten.

Besondere Risikofaktoren für Einsamkeit sind u.a.: Hohes Alter, Armut, Migrations­hintergrund, tiefer Bildungsstand, Sucht­krankheiten, gesundheitliche Einschränkungen, chronische Belastungen bspw. Pflege von Angehörigen oder einschneidende Lebens­ereignisse wie Verwitwung. Schutzfaktoren sind u.a.: Persönlichkeits­merkmale wie Offenheit oder emotionale Stabilität, Resilienz, Zugang zu sozialen und finanziellen Ressourcen wie Beratungs­diensten, Freundschaften und sozialen Netzwerken.

Einsamkeit ist keine Sackgasse. Einsamkeit ist eine Heraus­forderung! Um einen besseren Zugang zu sich selbst und neue Kontakte zu den Mitmenschen zu finden, benötigt es Einsicht, sich selbst aktiv Menschen und Dingen zuzuwenden. Es gilt selbst die geistigen, körperlichen und sozialen Aktivitäten und ein soziales Netzwerk zu erhalten und zu erweitern. Es gibt eine Vielzahl von präventiven Angeboten, Tipps und Anregungen zur Vermeidung von Einsamkeit für Betroffene und Angehörige. Schwierig bleibt oft der erste Schritt, sich zu öffnen und darüber zu sprechen. Der Hausarzt, die Hausärztin, die Mitarbeitenden der Spitex-Organisation, Ansprechpersonen in den Kirchgemeinden oder der Gemeinde­verwaltung können Anlaufstellen gegen Einsamkeit im Alter vermitteln. Viele Fachstellen leisten unentgeltliche Beratung, vermitteln Freizeit­aktivitäten sowie Kurse oder Beratungsstellen für eine vertiefte Auseinander­setzung mit der eigenen Situation.

Es gilt einsame Menschen zu erkennen, da viele Betroffenen nicht selbst dazu stehen oder ihnen die Energie fehlt, ihre Situation aus eigenem Antrieb zu verändern. Sie warten oft aus Scham und vergebens, dass jemand sie aus ihrer erdrückenden Isolation erlöst.

Sozial- und Alterspolitik sind Aufgaben von Kanton und Gemeinden. Gemäss Pflegegesetz § 11 sind die Gemeinden verpflichtet, Dienst­leistungen wie Information, Beratung und Vermittlung anzubieten.

  • Die Gemeinden werden aufgefordert, ihre Angebote für ältere Menschen zu überprüfen, damit diese länger und mit guter Lebensqualität zu Hause leben können. Dafür notwendig sind z. B. Fahrdienste, Nachbarschafts­hilfen, Besuchs- und Begleitdienste, Mahlzeiten­dienste, Haushalts- und Putzhilfen, Entlastungs­möglichkeiten für betreuende Angehörige, Treffpunkte und Austausch­möglichkeiten für alle Generationen im Quartier.
  • Unabhängig von der Lebens- und Wohnform steht älteren Menschen eine individuell angemessene Betreuung zu, welche der Isolation und Einsamkeit entgegen­wirken, die gesellschaft­liche Integration unterstützt und die soziale Anerkennung fördert.
  • Die Gemeinden haben ihre Informations- und Vermittlungs­tätigkeiten zu verstärken, damit die oben erwähnten Dienste sowie weitere von Freiwilligen und Mitarbeitenden von Institutionen angebotenen Leistungen koordiniert, bedarfsgerecht weiter­entwickelt und finanziert werden.
  • Dabei sind die Bedürfnisse der älteren Menschen zu erheben und ihnen die Mitsprache bzw. -bestimmung zu gewähren.
  • Kanton und Gemeinden werden aufgefordert, die Prävention zur Verhinderung von Einsamkeit auszuweiten, Fachpersonal zu schulen, aufsuchende Betreuungs­angebote zu entwickeln und mitzufinanzieren.
  • Ärmere Menschen und MigrantInnen benötigen zusätzliche finanzielle Mittel. Oft fehlen diese, um sich ein Netz an Beziehungs­personen zu schaffen bzw. dieses zu erweitern.
  • Die Informationen über den Anspruch von Ergänzungs­leistungen (EL) und Hilflosen­entschädigung sind zu verstärken. Die Anspruchs­berechtigten werden beim Ausfüllen der Anträge ausreichend untersützt.
    EL-Rechner Pro Senectute

Fach- und Beratungsstellen gegen Einsamkeit

Im Anhang zu unserem Positionspapier Fach- und Beratungsstellen sowie Anbieter konkreter Dienst­leistungen gegen Einsamkeit.