Betreuung im Alter

Ein Schwerpunkt-Thema vertieft.

Unser Positionspapier

Zu Hause alt zu werden, entspricht dem Wunsch vieler Menschen und macht gesundheits-, sozial­politisch und finanziell Sinn. Menschen wählen auch im Alter ihre Wohnform selbst­bestimmt. Eine einseitige Fokussierung auf ein bestimmtes Wohnmodell setzt falsche Anreize. Ob Menschen mit Unterstützungs­bedarf die von ihnen bevorzugte Wohn- und Betreuungs­form nutzen können, hängt jedoch vielfach von ihrem Renten­einkommen und Vermögen ab. Bisher können weder mit der Kranken­versicherung noch via EL oder Hilfslosen­entschädigung Betreuungs­leistungen abgerechnet werden. Dies mindert die Lebensqualität vieler Seniorinnen und Senioren und kann zu vorzeitigen Pflegeheim­eintritten führen. Der ASV fordert Bund, Kantone und Gemeinden auf, rechtliche Grundlagen für die Finanzierung von Betreuungs­leistungen zu schaffen und soziale Dienstleistungs­angebote auf- und auszubauen.

 Dezember 2022

So unterschiedlich die Unterstützungs­bedürftigkeit der älteren Menschen ist, so vielfältig kann Betreuung ausgestaltet sein. Ältere und vor allem hochbetagte Menschen, sind in ihrem Alltag auf Betreuung durch Angehörige, Freiwillige und geschulte Fachkräfte angewiesen, um ein möglichst selbst­bestimmtes Leben gestalten und am gesellschaft­lichen Leben teilhaben zu können, wenn sie dies aus eigenen Kräften nicht mehr allein tun können.
Gute Betreuung richtet sich konsequent an den Bedürfnissen der betagten Person aus und behält nebst dem körperlichen auch das psychosoziale Wohlbefinden im Blick. Betreuung im Alter lässt sich nicht mit einem abschliessenden Leistungskatalog definieren.
Sie umfasst eine Vielzahl von Aktivitäten, die sich in sechs Handlungsfeldern zusammen­fassen lassen: Selbstsorge, Alltags­gestaltung, Haushalts­führung, soziale Teilhabe, Pflege, Beratungs- und Koordination des Alltags. Gute Betreuung sowie die Befähigung zu einem selbstbestimmten Leben im Alter ist gegenwärtig leider eine Frage der persönlichen und finanziellen Ressourcen. Fehlende Betreuung gerade im Alter kann zudem zu Vernachlässigung und psychischer wie physischer Gewalt führen.

Längst nicht alle Betroffenen können sich auf die Sorgearbeit ihrer Familienangehörigen abstützen: Rund 8 Prozent der Rentnerinnen und Rentner in der Schweiz, über 140’000 Menschen, werden gegenwärtig ohne Familien­angehörige alt – Tendenz steigend. Die Rahmen­bedingungen in der Schweiz sind jedoch noch nicht genug auf diese neue Realität eingestimmt. Während Pflege und Hilfe im Alter häufig sozial­staatlich geregelt sind, gibt es bisher kein entsprechendes Anrecht auf Betreuung.1)

1) Paul Schiller Stiftung, Gute Betreuung im Alter – Wegweiser für gute Betreuung im Alter (gutaltern.ch)

Es braucht zusätzlich mehr geschulte Fachkräfte und Dienstleistungs­angebote, die von der Öffentlichkeit mitfinanziert werden. Die Sorgearbeit für ältere Menschen allein auf Familien­angehörige, Freiwillige und Nachbarn abzustützen, ist kein zukunfts­fähiges Modell. Oft kommt man unverhofft in diese Unterstützer­rolle und für die daraus entstehenden Konsequenzen ist man wenig vorbereitet. Aus diesem Grund darf auf die Angehörigen kein moralischer Druck zur Erfüllung dieser Aufgabe entstehen. Zum einen haben sich in den letzten Jahren die gesellschaft­lichen Strukturen und Familienformen stark gewandelt. Zum anderen sind Angehörige selbst oftmals bereits im höheren Alter.
Betreuung von Angehörigen ist eine sehr schöne und befriedigende Aufgabe. Sie beinhaltet jedoch auch emotionale, physische und psychische Belastungen. Ein wesentlicher Stressfaktor kann die ständige Verfügbarkeit der betreuenden Person – vor allem in Paarbeziehungen – sein. Soziale Kontakte werden immer schwieriger, es droht die soziale Isolation. Immer mehr Organisationen wie Entlastungs­dienste, Pflege­institutionen usw. bieten Beratung und Strukturen tagsüber, nachts oder für Ferien an, damit sich Personen, die Sorgearbeit leisten, für eine befristete Zeit entlasten können. Die anfallenden Kosten gehen – ausser allfälligen KVG-pflichtigen Pflegeleistungen – vollumfänglich zulasten der Betroffenen. Diese können Entlastungs­angebote oftmals aus finanziellen Gründen nicht ausreichend in Anspruch nehmen. Die Folgen sind oft eine sinkende Lebensqualität, gesundheitliche und sozial negative Folgeschäden und vorzeitige Heimeintritte. Die wertvolle und unverzichtbare Pflege und Betreuung durch Angehörige entlastet das Gemeinwesen enorm. Für die Entlastung Freiwilliger, die Betreuungs­arbeit leisten, sind zwingend neue Finanzierungs­möglichkeiten mit Beteiligung des Kantons, wie dies z.B. im Kanton Zürich bereits geschieht, zu prüfen.

Im Hinblick auf eine selbstbestimmte Lebens­führung muss ein umfassender Betreuungs­begriff definiert und in der Bundesverfassung in Artikel 41 gesetzlich ein Anrecht auf gute Betreuung und ein würdiges Altwerden verankert werden. Gestützt darauf sind sämtliche Versicherungs­leistungen, welche Hilfs-, Betreuungs- oder Pflege­dienstleistungen zum Gegenstand haben, anzupassen.
Im Kanton Aargau besteht die Regelung eines Betreuungs­beitrags von 300 Franken pro Monat, dies ist viel zu wenig bekannt. Die Regelung muss überprüft und vor allem auch für Menschen ohne Bezug von Ergänzungs­leistungen ermöglicht und zudem finanziell erhöht werden.

Betreuung und Begleitung müssen verstärkt in den Mittelpunkt der gesundheits- und sozial­politischen Diskussion rücken. Dabei ist von einem ganzheitlichen, integrativen Betreuungs­verständnis auszugehen, um ein selbst­bestimmtes Leben in Würde und die gesellschaftliche Teilhabe bis ins hohe Alter, unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten, zu gewährleisten.

  • Eine breite Auseinandersetzung über eine gute und ausreichende Betreuung im Alter.
  • Eine gut organisierte Betreuung durch ein fachlich geführtes Miteinander aller Akteure.
  • Unabhängig von der Lebens- und Wohnform steht älteren Menschen eine individuell angemessene Betreuung zu, welche der Isolation und Einsamkeit entgegen­wirken, die gesellschaft­liche Integration unterstützt und die soziale Anerkennung fördert.
  • Ein nach Einkommen- und Vermögen abgestuftes Finanzierungs­modell für Betreuungs­leistungen sowohl für Wohnen zu Hause, betreutes Wohnen oder in einer Institution.
  • Eine adäquate und niederschwellig zu erhaltende Abgeltung von Lohnausfällen sowie von Steuer­abzügen für Personen, die sich in der Sorgearbeit für Seniorinnen und Senioren engagieren.
  • Den Abbau von falschen Anreizen und die Sicher­stellung der bestmöglichen Lösung für Betroffene, Angehörige und Gemeinden
  • Die Mitfinanzierung von entlastenden Angeboten für sorgende und pflegende Angehörige wie z. B. Tages- und Nachtstrukturen.

Älter werden im Kanton Aargau

Diese Sammlung von Adressen zeigt Ihnen, an welche Stelle Sie sich bei Fragen zum Älter werden im Kanton Aargau wenden können. Mehr Informationen zu den verschiedenen Themen finden Sie in der Broschüre «Älter werden im Kanton Aargau»

 

 

Gesund altern – ein Recht aller

‘Daher ist soziale und politische Partizipation keine mögliche Option, sondern ein Grundrecht – und zwar in jedem Alter!’
Einleitende Worte von Prof. em. Dr. P. Perrig-Chiello zur Publikation u.a. des Bundesamtes für Gesundheit BAG zum Thema ‘Gesund altern – Gesundheitsförderung mit älteren Menschen in der Schweiz’.

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